Projektvorhaben und Ziele

 

1  |  Welches (gesellschaftliche oder wissenschaftliche) Problem oder welche Herausforderungen war die Basis für die Projektidee?

Pflegeteams sind oftmals hohen Belastungen ausgesetzt. Dauerhafte Überforderung kann zu extremem physischem und psychischem Stress führen und damit zum Burnout-Syndrom, zu steigenden Fehlzeiten bis hin zu einem endgültigen Berufsaustritt. Ständige Veränderungen der Teamzusammensetzung sowie Spannungen in der Zusammenarbeit drängen sich zudem vermehrt in den beruflichen Alltag des Pflegepersonals. Zur Stärkung der ‚Pflege‘ – eine der gesundheitlich gefährdetsten Berufsgruppen überhaupt – sollte diese darin qualifiziert werden, Missverständnisse und Konflikte eigenständig ausräumen zu können. Darüber hinaus sind Pflegeteams darin zu befähigen, die eigenen Ressourcen und Prozesse durch Konzepte der Selbst- und Teamreflexion zu fördern – beispielsweise während des Integrationsprozesses von Pflegepersonal aus dem Ausland. Die Inanspruchnahme von Supervisionen – also eine methodische Reflexion beruflicher Arbeit – kann nachweislich psychosozialen Belastungen entgegenwirken. Aufgrund hoher Kosten werden solche Angebote jedoch nur selten und dann oftmals zu spät beansprucht.

 

 

2  |  Wo liegt der gesellschaftliche oder wirtschaftliche Nutzen, wenn das Problem bearbeitet und gar gelöst wird? Wer würde von einer Lösung profitieren?

In POINTED wird digital unterstützte „Intervision“ als eine neue Form der Supervision erforscht, erprobt und bereitgestellt. Im Sinne eines Empowerments und einer Professionalisierung beruflicher Teams erwerben die Berufstätigen selbst die Kompetenzen, sich gegenseitig zu beraten. Als eine Anleitung zum Selbstlernen basiert die Lösung auf Methoden unterschiedlicher Therapie- und Beratungsformen. Angestoßen durch ein interaktives Storytelling gilt es beispielsweise Konflikten auf den Grund zu gehen oder aber eigene Lösungen und Teamressourcen stärken zu lernen. Durch Förderung der Resilienz (=Widerstandsfähigkeit) jeder Pflegefachperson gegenüber beruflichen Belastungen kann langfristig ihre Lebensqualität gebessert und die Wahrscheinlichkeit zum (längeren) Berufsverbleib erhöht werden. Der Nutzen liegt weiter darin, dass die geplante Qualifizierung ausschließlich durch digitale mediale Bausteine erfolgt. Gegenüber herkömmlichen Supervisionsangeboten lassen sich so bekannte Hemmschwellen der Zugänglichkeit und hohe Kosten verringern. Diese Lernform birgt das nachhaltige Potential der institutionsübergreifenden Multiplikation und Weiterentwicklung im gesamten deutschsprachigen Raum.

 

 

3  |  Was ist das Ziel des Projekts?

Das Ziel des Projekts POINTED ist die Entwicklung eines mediengestützten Qualifikationskonzeptes, durch welches Intervisionsprozesse angeregt werden. Das Konzept wird in Zyklen prototypisch umgesetzt, was erlaubt – durch formative Evaluationen mit heterogenen Pflegeteams – Erkenntnisse über die Effektivität verschiedener Gestaltungsparameter zu gewinnen. Im Einzelnen werden folgende Arbeitsziele angestrebt: 1. Konzeptausarbeitung und Prototypentwicklung für eine medienunterstützte ‚Intervision`, als finanzierbare, berufsspezifisch angepasste Form der Supervision; 2. Erprobte, weiterverwendbare mediale Story-Bausteine (z. B. Texte, Grafiken, Videos, Animationen, Verzweigungsoptionen), inkl. interaktiver Teile zur Anregung von selbstreflektierenden Lösungsstrategien; 3. Eine bundesweite Bereitstellung und Erprobung der mediengestützten Intervisionen; 4. Die Analyse der Wirksamkeit und Weiterverwendbarkeit der verschiedenen Medienbausteine; 5. Ein verallgemeinerbares Konzept von ‚Idealtypen` der Lösungsentwicklung und Stressbewältigung; 6. Ein weiterverwendbares Konzept zur Darstellung diversitätsbedingter Perspektiven durch Storytelling.

 

 

4  |  Was ist neu an den Entwicklungen oder Erkenntnissen, welche im Projekt erreicht wollen sollen?

Eine mediengestützte psychosoziale Intervention zur Förderung von betrieblicher Gesundheit oder auch eine mediengestützte Anleitung zur Intervision konnte in bisherigen Recherchen nicht identifiziert werden und stellt einen neuen Ansatz dar.

Die soziale Innovation liegt darin, mithilfe einer autonom durchzuführenden Qualifizierung Pflegeteams zur eigenständigen Problemlösung zu befähigen. Diese grenzt sich deutlich ab von Lehrvideos zu Konfliktmanagement und bedeutet eine noch nicht entwickelte oder beforschte gruppendynamische Anleitung zur Intervision. POINTED setzt neben der Konfliktbewältigung vordergründig auf den nachweislich weitaus effektiveren Ansatz der Konfliktprävention. Mithilfe der mediengestützten Intervision gilt es Teams in ihrem Berufsalltag zu stärken. Gemeinsam soll es gelingen, Lösungen zu generieren – und dies bevor Konflikte und Belastungen negative Effekte haben.

 

 

5  |  Welche Möglichkeiten könnten die Entwicklungen oder Erkenntnisse künftig eröffnen?

Eine gezielte psychische Gesundheitsförderung sowie Mitarbeiterbindung soll bundesweit ermöglicht werden, damit die Stabilisierung der Teams langfristig dazu führt, dass Mitarbeitende länger und möglichst mit einem hohen Stellenanteil in den Einrichtungen und vor allem im Pflegeberuf verbleiben.

Die POINTED-Konzepte und prototypischen Umsetzungen können von Gesundheitseinrichtungen bedarfsgerecht angepasst oder auch mit eigenen Konzepten der betrieblichen Gesundheitsförderung verknüpft und weitergeführt werden. Multiplikatoren wie Berufsverbände, Fachgesellschaften oder Verlage sollen dafür gewonnen werden, die Medienbausteine über ihre Webauftritte zu verbreiten und die Konzepte langfristig in der Gesundheitsbranche zu etablieren. In Folgeprojekten könnte der Prototyp aus POINTED als mediengestützte Intervision auf andere Themen- oder Berufsfelder erweitert werden.

 

 

6  |  Welche Personengruppen können von den Entwicklungen oder Erkenntnissen profitieren?

Das Vorhaben beantwortet insbesondere die Bedürfnisse der vulnerablen Gruppe der Pflegefachpersonen. Ihrer sozialen Problemlage, welche durch die Auswirkungen des demographischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird, gilt es entgegenzuwirken. Daher werden seit Jahren Fachpersonen vielfach aus dem Ausland angeworben. Das Projekt POINTED begreift hier Diversität als große Chance, die vorhandenen individuellen Ressourcen eines jeden Teammitgliedes systematisch nutzbar zu machen. Verbessert werden kann hierdurch nicht nur die soziale Lage der professionell Pflegenden, sondern ebenfalls die ihrer Patienten/-innen. Letztlich wird ein professioneller Umgang mit psychosozialem Stress erlernt. Dies unterstützt dabei, den Berufsalltag als Chance zu verstehen. Der Kommunikationsfluss im Team wird unterstützt und aufrechterhalten, sodass belastende Arbeitssituationen lösungsorientiert und konstruktiv durchgeführt werden können. Im weitesten Sinne wird so eine stabile sowie hochwertige pflegerische Versorgung in Deutschland und damit eine steigende Lebensqualität von kranken und pflegebedürftigen Menschen angestrebt.